Gregor Ade
Professor für Corporate Design und Corporate Identity

Gregor Ade ist seit 2017 Professor für Corporate Identity/Corporate Design und Typografie und seit März 2021 Vizepräsident für Kommunikation und Transfer der Hochschule Mainz. Parallel ist er Partner und Geschäftsführer der Markenagentur GABC in Frankfurt und Berlin.

Ade wurde 1972 in Wuppertal geboren und studierte Kommunikationsdesign an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main. Er begann seine Karriere als Designer bei MetaDesign in Berlin, wo er bereits während des Studiums tätig war. Im Jahr 2000 war er Mitgründer der Designagentur „ade hauser lacour“ in Frankfurt. 2008 wechselte er dann zur Markenagentur „Peter Schmidt Group“, wo er zunächst Creative Director und dann Managing Partner war. 2016 machte er sich mit seiner eigenen Agentur selbstständig.
Als er 2006 einen zweijährigen Lehrauftrag für Typografie an der Hochschule Mainz aufnahm, begann für ihn eine weitere Tätigkeit. Ade ist außerdem Kuratoriumsmitglied im Museum für Angewandte Kunst (MAK) in Frankfurt, Mitglied im Art Directors Club (ADC) und im Deutschen Designer Club (DDC).
Wir hatten ja angefragt ob Sie uns einen persönlichen Gegenstand mitbringen können, welchen haben Sie dafür ausgewählt?
(Legt iPhone auf den Tisch) Dieses Device vereint ganz viel, was wir thematisch an dieser Hochschule machen. Es ist unser dominierendes Kommunikationsmedium, es ist unser Tor in die Welt. Informationen erleben wir immer mobiler und unmittelbarer. Und all diese Informationen, Bilder, Filme, Animationen, Texte usw. sind gestaltet. Somit erleben wir alle Disziplinen von Kommunikationsdesign auf einem digitalen Gerät.
Wie würden Sie die Lehre an der Hochschule Mainz in drei Adjektiven beschreiben?
Strukturiert, praxisnah und dabei zum Glück auch wieder sehr frei.
Was möchten Sie den Studierenden vermitteln?
Das Wichtigste ist ein offener Blick, freies Denken, Leidenschaft und Faszination für unser Fach, aber natürlich auch ein hohes Maß an Fachwissen und ganz praktische Erfahrung. Ich versuche dabei auch Grundlagen wirtschaftlichen Denkens, bzw. Handelns zu vermitteln, was später im Agenturalltag auch von Bedeutung sein wird.

Wenn ich Sie mal zitieren dürfte, Sie haben gesagt: „Die strategische, emotionale und somit auch wirtschaftliche Kraft von Design wird immer noch unterschätzt.“ Und jetzt stellt sich die Frage, was wir als junge DesignerInnen tun können, um dem entgegenzuwirken.
Die kreative Idee, Produktdesign, Gestaltung, Text, Bild – all das hat eine enorme Kraft. Design kann eine starke Bindung zu einem Produkt und einer Marke erzeugen. Wir verstehen besser, wir erleben klarer, wir vertrauen länger. Das gilt für die mittelständische Weinmarke genauso wie für ein Museum oder eine Airline. Wir als Gestalter müssen dafür aber den Auftraggeber und sein Angebot tiefgreifend verstehen. Dann können wir uns einmischen und Impulse geben, bzw. konzeptionelle, inhaltliche, formale Vorschläge machen – von der Entwicklung bis hin zum Vertrieb.
Wir sollten uns dafür einsetzen, dass Produkte oder Dienstleistungen authentisch und nachhaltig sind, zum Unternehmen passen, die Zielgruppen richtig erreichen und klug kommuniziert werden. All das ist Gestaltung, all das ist Markenarbeit. Also wenn Sie das jetzt auf einen Satz reduzieren wollen: Wir müssen uns einmischen, um Dinge wirklich besser zu machen.

Wie würden Sie das gesamte Berufsfeld Corporate Design in drei Sätzen beschreiben?
Wir arbeiten in einer Zukunftsbranche. Dabei sind wir nicht nur Dienstleister, sondern auch Mitautoren einer fortwährenden Veränderung, eines Wandels von Unternehmen oder Institution. Das heisst, wir sollten mündige Partner unserer Kunden sein. Sonst arbeiten wir nur kurzfristig an der Oberfläche.
Was denken Sie ist das größte Missverständnis, wenn es um (Corporate) Design geht?
Dass wir für die Oberfläche da sind. Auch die ist wichtig. Aber Design ist eben mehr: Konzept, (technische) Entwicklung, Form, langfristiges kanalübergreifendes Markenerlebnis, Kommunikation und emotionale Bindung. Anders gesagt: wir sind keine Tapetenmaler.
Wenn Sie jetzt an Ihre Arbeiten und Projekte in der Vergangenheit denken, welche gefällt Ihnen da immer wieder auf’s Neue?
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich mal für das Städel Museum in Frankfurt arbeiten und einen Relaunch für eine so große, bekannte und wichtige Kultur- und Publikumsmarke betreuen durfte. Ich habe dabei selbst sehr viel gelernt, was eigentlich am schönsten und am wertvollsten ist. Auch der Relaunch der Marke „Continental“ war ein sehr umfassender, langer Prozess. Der Unterschied zur Kulturinstitution Städel Museum ist groß – die Einarbeitung aber ebenso komplex.
Ich habe viel über Reifenproduktion, Automobilkomponenten, Vertrieb und – Konzernstrukturen gelernt und darüber, was Design dort bewirken kann. Ich glaube, dass das Redesign mit dazu beigetragen hat, dass sich das Unternehmen in allen Ebenen neu verstanden hat und das der Wandel sichtbar wurde. Beide Erscheinungsbilder werden heute noch konsequent eingesetzt – ein Zeichen, dass die Zusammenarbeit nachhaltig war. Aber es gibt auch viele weitere treue Auftraggeber, die ich jahrelang begleite: Die DZ Bank oder die Deutsche Börse Group zum Beispiel.


Was bereitet Ihnen bei solchen Projekten die größte Freude und was macht Ihnen dann am wenigsten Spaß?
Je größer das Unternehmen, desto länger die Prozesse. Manchmal kommt man über Jahre hinweg nicht weiter und das macht einen mürbe. Am schönsten ist für mich eigentlich immer der Moment, wenn für einen Kunden – nach langer gemeinsamer Arbeit – eine neue Welt aufgeht. Das Ergebnis somit erlebbar wird. Intern wie im Markt. Dieses Ergebnis hat dann alle, das Gestalterteam und den Auftraggeber in ihrer Erfahrung weiter gebracht. Das macht doch unseren Beruf so spannend, dass wir immer wieder neue Themenfelder durchdringen und unsere Arbeit sichtbar wird.
Jetzt würde ich gerne noch ein paar Einblicke in Ihre Arbeitsweise gewinnen. Wie läuft denn der Gestaltungsprozess bei Ihnen ab und wie gehen Sie an ein neues Projekt heran?
Recherche, Recherche, Recherche. Intensive Gespräche mit dem Kunden und mit seinen Zielgruppen führen. Sich ins Thema graben. Darauf ein konzeptionell-strategisches Fundament aufbauen.Viele Entwürfe machen, experimentieren, begeistert aber auch unzufrieden bleiben. Formale Lösungen vorschlagen, die neu, ungesehen und multimedial umsetzbar sind und von der Zielgruppe verstanden werden. Das Design in Konsequenz der strategischen Basis entwickeln. Feedback ernst nehmen.

Welchen Rat haben Sie für Studieninteressierte?
Experimentieren, bloß nicht zu früh denken „ich weiß doch eh schon alles“. Ganz viele Sachen ausprobieren. Unverfroren an die Sachen rangehen, dranbleiben.